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Luna Ali
Blitzlichter

Luna Ali, geboren 1993 in Syrien. Studiert Kulturwissenschaft und ästhetische Praxis. War beim Theatertreffen der Jugend (2009, 2012), beim Treffen junger Autoren (2012). Organisierte den Rundlauf Bochum (2014) und das Fuchsbau Festival (2012-2014) mit. Lebt zwischen den Städten, gerade wieder in Hannover. 2015/2016 wird sie ihr Studium am Deutschen Literaturinstitut beginnen.

Wenn ich in einen Fluss steige, dann steige ich niemals in denselben Fluss zweimal. Und das ist beim Theater genauso.
Luna Ali, IN ZUKUNFT Autorin
Interview mit Luna Ali
 

Erzähl bitte über dein Stück…
Der Arbeitstitel lautet „Alles fließt“, wobei sich das aber vielleicht noch ändern wird, weil ich mich mit Titeln sehr schwer tue. Und es geht um fehlgeleitete Kommunikation zwischen einem Geschwisterpaar, die sich zu allem Übel auch noch ineinander verliebt haben. Und weil sie das aufgrund der gesellschaftlichen Umstände nicht unbedingt preisgeben können oder wollen, entschließt sich der Bruder abzuhauen und zwar in ein Kriegsgebiet. Er kann jedoch nicht darüber schreiben, was er dort erlebt, weshalb es zu Problemen kommt und…weiter weiß ich noch nicht.

Inspirieren Dich die IN ZUKUNFT Workshops?
Ich freu mich total, dass ich hier dabei sein darf. Weil das Stück sich schon nach dem ersten Mal total gewandelt hat. Und nach dem zweiten Mal hab ich zwanzig Seiten gestrichen und von vorne angefangen. Direkt nach dem Workshop habe ich zu Hause angefangen weiter zu schreiben, weil ich so inspiriert war von den Diskussionen und auch von der Kritik. Es macht einfach total Spaß.

Mit welcher Motivation hast Du Dich bei IN ZUKUNFT beworben?
Die Motivation war einerseits natürlich, dass ich an meinem Stück arbeiten kann, also dass ich dafür auch Kritik bekomme. Und andererseits, dass in der Gruppe alles Autoren und Autorinnen mit Migrationshintergrund sind – da hat man halt ab und an mal Gemeinsamkeiten.

Warum ist so ein Programm für AutorInnen notwendig?
Ich glaube…also ich war gestern noch bei der Leipziger Buchmesse. Am Abend davor habe ich mir eine Diskussion angehört über „Ist die deutsche Gegenwartsliteratur zu brav?“, als Reaktion auf Florian Kesslers Artikel in der Zeit, sowie Maxim Billers Antwort. Der Diskussion fehlte einfach eine spezifische Perspektive. Man versuchte sich zu verteidigen, aber schaffte es nicht einmal an das tatsächliche Problem ran zu kommen. Im Gegensatz dazu gibt es gerade am Theater eben diese Bewegung, wie zum Beispiel am Gorki Theater, dass vor allem Themen von benachteiligten Gruppen – also egal jetzt ob mit Migrationshintergrund oder Behinderungen oder Frauen, oder oder oder… – dass diese Themen mal auf die Agenda gesetzt werden. Und deshalb glaub ich ist IN ZUKUNFT eine Chance, diese Themen in die Diskussion einzuführen.

Was kann man als Autorin gesellschaftlich oder gesellschaftspolitisch bewirken?
Da bin ich mir uneins. Also auf der einen Seite denke ich oft, dass Kunst nicht das Mittel für mich persönlich ist, Politik zu machen. Auf der anderen Seite kann man mit Kunst Menschen für Themen sensibilisieren. Ich glaube, was man draus macht, liegt beim Publikum bzw bei mir. Wenn ich einen Text ‘fertig’ geschrieben habe, kann ich den natürlich einfach zur Seite legen. Oder ich nutz diesen Text und gehe an ein Theater und versuche dafür auch einen politischen Rahmen zu finden, indem das Thema dann aufgegriffen und diskutiert wird. Es kommt auf die Einbettung an.

Warum geht das mit Theater oder was ist es genau am Theater für Dich, was da wirkt?
Beim Theater ist es GEGENWART. Also da steht ein Schauspieler oder eine Schauspielerin vor mir und die sprechen mich direkt an und sie können stolpern und sie können mich mit Spucke vollkleistern, weil sie einfach direkt vor mir stehen. Da kann ein Versehen passieren, da kann jemand seinen Text vergessen… Ich spreche jetzt sozusagen nur von den Fehlern, die passieren können. Aber das sind genau die Dinge, die eben das Theater so lebendig machen und auch so real.

Kann Theater mehr als andere Künste?
Ich glaube insofern, als dass das Theater nie dasselbe zweimal zeigen kann. Wenn ich in einen Fluss steige, dann steige ich niemals in denselben Fluss zweimal. Und das ist beim Theater genauso. Ich kann kein Stück zweimal gleich zeigen, weil die Schauspieler älter werden und ich als Publikum sehe beim zweiten Mal vielleicht ganz andere Beziehungen auf der Bühne…oder wenn Schauspieler und Schauspielerinnen ein Stück zehn Mal spielen, dann bekommen sie eine ganz andere Sicherheit und können sich mehr ausprobieren im Text und Grenzen überschreiten. Das Stück ändert sich einfach mit der Zeit.

Nochmal zurück zur Leipziger Buchmesse – Welche Themen fehlen Dir?
Ach das ist schwierig. Ich glaube, man muss die Vielfalt der Gesellschaft zeigen. Und Maxim Biller hat das so gut in seinem Artikel formuliert, dass eigentlich immer nur Figuren auftauchen, die total vom Leben gelangweilt sind, einen mittellosen Job haben – also kein festes Einkommen – und dadurch ihr Leben total schwer bewältigen können. Aber es gibt so viele andere Themen. Zum Beispiel die ganzen Themen, die bei IN ZUKUNFT behandelt werden. Das sind alles super spannende Themen, die ich alle gerne auf der Bühne sehen würde. Ja, also das sind halt genau diese Themen, die fehlen.

Ich glaube man muss die Vielfalt der Gesellschaft zeigen.
Luna Ali