Mehdi Moradpour, 1979 in Teheran geboren, ist freier Autor, Kritiker und Übersetzer für Persisch und Spanisch. Nach abgebrochenem Studium der Physik/Informatik studierte er Kultur- und Theaterwissenschaften sowie spanischsprachige Literatur in Leipzig und Havanna. Sein Stück „reines land/verlust“ wurde für den „Münchner Förderpreis für neue deutsche Dramatik“ nominiert und ist in die engere Auswahl für den Kleistförderpreis gekommen. Es erfolgte eine szenische Lesung bzw. eine Werkstattinszenierung des Stückes 2013 in den Münchner Kammerspielen. Er lebt seit 2001 in Deutschland, aktuell in Berlin. Mehdi Moradpour wurde 2014 bei der UniT in Graz als Förderstudent für Dramatik aufgenommen.
Worum geht es in deinem Stück „Türme des Schweigens“?
Auf der ersten Ebene geht es um das Scheitern der Kommunikation in einer Familie, was sich auch auf der sprachlichen Ebene zeigt. Es geht um den Vater der Familie, einen ehemaligen politischen Häftling, der nun im Bett liegt und nicht mehr sprechen kann. Auf der zweiten Ebene geht es um das Weggehen und die Flucht als eine Möglichkeit, als eine Art Hypostase der Sehnsucht. Es wird nicht explizit genannt im Stück, aber es dringt durch.
Wie entwickeln sich die Workshops für Dich?
Wir haben eine tolle Dynamik untereinander gefunden und unterstützen uns gegenseitig. Mir hat es sehr gefallen, dass so fruchtbare Vorschläge aus der Gruppe kommen. Ich hatte schon 20 Seiten Dialog des Vaters fertig geschrieben und aus der Gruppe und von Maxi Obexer kamen sehr wichtige Fragestellungen zu seiner Figur. Es ist eine angenehme Atmosphäre. Durch die Möglichkeit, die uns gegeben wird, empowern wir uns gegenseitig, eine Art Selbstermächtigung ohne uns aus- oder abzugrenzen. Die gemeinsame Basis, die wir haben, ist eine gute Grundlage, um gesellschaftlich und künstlerisch mit unseren ThemenEinfluss zu nehmen, ohne neue Grenzen zu bauen. Außerdem debattieren wir über neue theatrale Schreibformen, und experimentieren sie.
Warum ist IN ZUKUNFT wichtig?
Zwei Gründe möchte ich benennen: Erstens, es fehlt faktisch an Stoffen und es fehlt an Menschen, die nicht unbedingt zur Mehrheitsgesellschaft gehören oder nicht als zugehörig gesehen werden. Und hier kann man erstens durch Quoten unterstützen. Noch wichtiger ist aber Menschen zusammenzubringen, die sich auf einer transkulturellen Plattform austauschen. Wir bewegen uns rasant auf eine transkulturelle Gesellschaft mit völlig neuen Herausforderungen zu und es ist ein wichtiger Weg, den IN ZUKUNFT hier eingeleitet hat, diese gemeinsame Plattform als Basis der Auseinandersetzung zu schaffen.
Wie stellst du dir als Autor gesellschaftliche Einflussnahme vor?
Das ist eine sehr schwierige Frage, die wir auch in der Gruppe diskutiert haben. Gleichwohl ist das Schreiben als Autor immer mehr oder weniger ein öffentlicher, ein politischer Akt, wie auch das Theater. Als Autor nehme ich mich gleichzeitig aber auch ganz stark zurück und höre in mich hinein, ohne Fingerzeig, ohne Parolen. Was ich mir wünsche, wie ich mir ein gemeinsames Miteinander vorstelle, wie wir miteinander umgehen könnten, das ist dann automatisch gesellschaftspolitisch. Eine andere Möglichkeit der Einflussnahme ist durch das Experimentieren gegeben. Wir sind auch Experimente.
Was kann Theater erreichen?
Theater gleicht vielleicht einer rhizomatischen Vampirmaschine, die Exzessivität aber auch absolute Reduktion nicht ausschließen kann. Das ist ein Vorteil. Allerdings ist die Frage in einem parlamentarisch demokratischen Land wie Deutschland schwer zu beantworten, weil Theater einerseits sehr bürgerlich ist, da werden – darf ich sagen – gewisse Themen immer wieder gefleddert. Andererseits ist Theater als Ereignis in Deutschland ein wichtiges künstlerisches und soziales Laboratorium. Wir haben es hier mit einer sehr heterogenen Kunstform zu tun. Für Theater und die Gesellschaft sind sowohl alle Formen des Darstellens als auch andere, die dessen Unmöglichkeit hervorheben möchte und jegliche Überlieferungsformen dekonstruieren notwendig. Zudem, ich möchte im Theater auch immer ein bisschen Zukunft sehen.
IN ZUKUNFT – was war deine Motivation mitzumachen?
Ich habe es vorher geprüft und wollte mir sicher sein, dass es keine halbherzige „Quoten-Maßnahme“ ist – obwohl, wie schon gesagt, Quoten auch wichtig sind, um uns sichtbar zu machen. Ich kannte die Arbeit von Maxi Obexer und habe auch von Christian Scholze und von Euch gehört. Die IN ZUKUNFT I Stücke habe ich recherchiert und konnte mich gut darin wieder finden. Ich hatte das Gefühl, dass man bei Euch konstruktiv und progressiv arbeiten kann und dass ihr es auch wirklich selber wollt und spürt, dass es diesen transkulturellen Raum braucht.