Alle Neune
Reger Austausch zwischen drei Autorinnen und sechs Autoren über die Wahl ihrer Themen, über Sprache, die Charakteristik ihrer Figuren, ihre stilistischen Eigenheiten und über ihre Botschaften. Einst führten sie ihre Wege aus Algerien, Bosnien, Korea, Indien, Iran, Israel, Türkei und Ungarn nach Deutschland. Sind sie angekommen? Und wie beschreiben sie das Land, in dem sie leben, ja, auch geboren sind? Welche Spuren nehmen sie auf, welchen Utopien folgen sie? Und was haben sie der Gesellschaft mitzuteilen?
Havva Gülcan Ayvalik, 1972 in der Türkei geboren, in Ostwestfalen aufgewachsen, studierte Visuelle Kommunikation und Fotografie an der FH für Design in Dortmund. Sie arbeitet freiberuflich als Grafikerin, Fotografin und Autorin hauptsächlich für interkulturelle Projekte. Für ihre Diplomarbeit schrieb, fotografierte und designte sie ein Buch über Menschen, die aus verschiedenen Gründen ihre Heimat verliessen. Das Schreiben und das Thema Migration lassen sie seitdem nicht mehr los.„Am Ende des heutigen Tages“ heißt ihr eingereichtes Exposé, dessen Titelfigur, nach dem Tod der Mutter, eine Reise nach Istanbul in die Vergangenheit unternimmt.
Am Ende des heutigen Tages: “Durch den Tod der Mutter sieht sich Aylin gezwungen, sich mit dem Vater und der Vergangenheit auseinander zu setzen. Reue, gegenseitige Vorwürfe und ein Geständnis des Vaters lassen sie die anfängliche Freude über das Wiedersehen in einen unaufhaltsamen Streit ausarten. Nur die Begegnung mit der toten Mutter kann das Ende der Familie noch aufhalten.”
Kenneth Philipp George, 1970 in Indien geboren, lebt und arbeitet seit 1999 in Deutschland,seit geraumer Zeit in Berlin. Er hat Englische und Französische Literatur in Bombay studiert und arbeitet seit 30 Jahren als Schauspieler und Autor. Sein performativer Stückentwurf ist eine theatrale Untersuchung über Liebe, Exil und Wurzellosigkeit. Arbeitstitel: „Motten“.
Motten: “ Der Fliegende Holländer aus der europäischen Legende, Ino no Komachi (ca.825-900), japanische Waka Dichterin, eine Braut und ein Bräutigam begegnen sich mehrfach in einem Raum, erzählen ihre Geschichten einander und uns, versuchen sich mit ihren unerfüllten Wünschen abzufinden, mit ihrer Sterblichkeit, und dem Fluch ihrer fortgesetzten Existenz durch die Geschichte, Legende und Mythos.”
"Ist diese Liebe Traum oder Wirklichkeit?" - fragt die Motte just im Augenblick des Sterbens in den Flammen.
Mehdi Moinzadeh, 1978 in Iran geboren, lebt seit 1986 in Deutschland. Nach seiner Schauspielausbildung arbeitet er als Schauspieler und Regisseur sowohl auf der Bühne als auch im Film. Aufmerksamkeit erlangt er im Tatort Kiel als erster iranischer Kriminalkommissar. Er arbeitet seit Jahren als Regisseur mit dem Little Black Fish Collective zusammen und übernimmt auch theaterpädagogische Projekte. Während des Workshops möchte er ein Drehbuch-Exposé in ein Theaterstück umschreiben.
Feuerleben-Freiheit handelt von der Liebe der kurdischen Yezidin Arîjîn zu dem Deutschen Theo und dem gescheiterten Versuch Freiheit und Glück miteinander zu vereinen.“Ich habe mich jahrelang nicht mehr mit diesem Drehbuch befasst, doch die aktuellen Ereignisse in Syrien und Iran, haben mir die Geschichte noch einmal ins Bewußtsein gerufen.”
Katalin Naszály, 1983 in Ungarn geboren, lebt seit 2007 in Deutschland. Während der letzten Studienjahre der Germanistik und Theaterwissenschaften in Budapest hospitiert Katalin Naszály an verschiedenen Theatern in Deutschland. Zuletzt arbeitete sie als Regieassistentin im Theater Oberhausen.
unter lauter fischen In diesem poetischen Text erzählen sich die Überlebenden einer unbekannten Katastrophe von „Rebeka“, wahlweise Synonym für einen Menschen, einen Ort oder einen Zustand, der nicht mehr existiert.Immer wieder erinnern sich die Überlebenden an den Einsturz der Brücke.Wieso ist sie eingestürzt, wer war Schuld daran? Der Architekt oder sie alle?
Yade Yasemin Önder, 1985 in Deutschland geboren als Kind deutsch-türkischer Eltern. Sie studiert nach den Linguistik und Sozialwissenschaften an der Humboldt Universität zu Berlin, Deutsche Literaturwissenschaften und Erziehungs-Wissenschaften. Seit 2013 ist sie am Deutschen Literaturinstitut Leipzig für Literarisches Schreiben eingeschrieben.
Kartonage In diesem Stück versucht ein Ehepaar seiner Altersmonotonie mit unterschiedlichen Mitteln zu entfliehen, bis ihre Tochter die „ausländische“ Altenpflegerin engagiert.
“In einer Kiste sind die Werners, weil sie da wohnen. Und das schon sehr lange.Man isst, man saugt und dazwischen vertreibt man sich die Zeit mit Marmelade und mit Kreuzworträtseln.(…)
Doch gegen jede Auflehnung von Herrn Werner werden fleißig Brote geschmiert und Mäuler gestopft. In die morsche Altersmonotonie, die von magisch-realistischen Figuren wie der Frau mit den Fallobstaugen nur tangiert wird, krachen zwei junge Frauen hinein.”
Yasmina Ouakidi, in Deutschland geboren als Kind deutsch-algerischer Eltern. Sie studierte Erziehungswissenschaften, Spiel-und Theaterpädagogik. Seit 2013 studiert sie biografisches und kreatives Schreiben an der Alice Salomon Hochschule Berlin. Ouakidi arbeitet u.a. als freiberufliche Theaterpädagogin mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.
In ihrem szenischen Fragment „Blut.Wolke.Hoffnung.“ spielt ein junges einsames Mädchen mit arabischen Wurzeln die Hauptrolle. Begleitet von einem Türsteher irrt sie durch die Nacht an vielen Türen vorbei auf der Suche nach dem verschollenen Vater.
Spiegelblicke. “In meinem Stück geht es um verschlossene und zugeschlagene Türen, vor denen vier Menschen einer Familie auf unterschiedliche Weise stehen gelassen werden. Zugleich geht es um die Türen, die in die Dunkelheit führen und die sich öffnen(können) oder geöffnet werden, wenn Menschen zu lange mit den Wunden erlittener Verletzungen, Diskriminierungen und Grausamkeiten alleine bleiben.”
Sonja Schierbaum, 1977 in Deutschland geboren als Kind deutsch-koreanischer Eltern. Sie hat in Philosophie promoviert. Seitdem lehrt sie an verschiedenen Universitäten in Deutschland und hält auf internationalen Konferenzen Vorträge und Workshops zu philosophischen Fragen. Ihr eingereichtes Exposé „Im Archiv“ ist ein konzeptionelles Experiment über die Bedrohung der Freiheit und des gespeicherten und zirkulierenden „kulturellen Wissens“ durch Sicherheitsmaßnahmen.
Das Gespenst der Archivarin Eine Archivarin hütet das Wissen, doch da es bedroht ist, muss sie immer wieder neue Sicherheits-Maßnahmen erfüllen. Langsam verschwinden nicht nur Archivarien, sondern auch die Freiheit. V.:“Die Akte F. Es liegt eine akute Gefährdung vor. Eine akute Gefährdung! Hier tritt die Verordnung T I-a(sprich: Tee-Strich Römisch Eins a)T-wie Transformation. Ein Transformationsprozess von F ist erforderlich, ist unbedingt erforderlich. Unternehemn Sie die notwendigen Schritte. Sofort.Sofort!”
Adnan Softić, 1975 in Bosnien geboren, lebt seit 20 Jahren in Deutschland. Er studierte Philosophie und Politologie an der Humboldt Universität zu Berlin und anschließend Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg. Er ist Gastprofessor mit Studienschwerpunkt Film an der HfbK in Hamburg und mit zahlreichen installativen, multimedialen Ausstellungen im In-und Ausland vertreten. Der vorliegende Text „Nicht mehr und noch nicht“ befasst sich mit „dem Zustand, in dem man gerät, wenn man aus der Geschichte hinausgeworfen wird“.
Nicht mehr und nich nicht “Irgendwann fange ich an, zum Beispiel, Spargel zu mögen. Er wird mit der Zeit auch mein Spargel, und ich freue mich auf den nächsten Frühling, wenn es ihn wieder gibt.Kann man dann jemandem sein Begehren und seine eigenen Erfahrungen einfach so verwehren? Indem man sagt: “Ja, aber das ist nicht dein Spargel!”
Sivan Ben Yishai, 1978 in Israel geboren, lebt seit drei Jahren in Deutschland. Sie studierte Theaterregie sowie theatrales Schreiben an der Universität Tel Aviv. Im Rahmen ihrer Arbeit der letzten 10 Jahre, schrieb,leitete,unszenierte und produzierte sie fast alle ihre Stücke selbst. 2012 wurde ihr Stück “Never Ever Ever” im Rahmen des Assitej Wettbewerbs gleich mit vier Preisen ausgezeichnet.Im September 2014 hatte das Stück bei dem Israeli Stage Theater in Boston Premiere.Ihre nächste Arbeit “I know I’m ugly, but I glitter in the dark” wird im Oktober 2015 währende das ID Festivals im Radialsystem Premiere haben. Für In Zukunft III hat die Autorin hat einen Monolog eingereicht.
Your very own double crisis club Eine einsame Frau in Berlin, reflektiert Schein und Sein des Großstadtlebens.Ein intensiver Wutgesang auf Tel Aviv und Berlin. Sivan Ben Yishai möchte den Monolog zu einer Sinfonie mit vielen Stimmen entwickeln.