Regisseur Martin Schulze aus Köln bringt den Roman „Sommerfest“ von Frank Goosen auf die Bühne des Westfälischen Landestheaters.
Das erste Mal betrat er ein Theater über den Bühneneingang am Schauspielhaus Bochum. Als Dramaturgie-Assistent betreute er fünf Monate lang die Proben zu Frank-Patrick Steckels „Hamlet“ Inszenierung 1993. Sie hatte eine Aufführungsdauer von sieben Stunden. Danach wollte Martin Schulze Regisseur werden. Nun inszeniert er am Westfälischen Landestheater „Sommerfest“ nach dem Erfolgsroman von Frank Goosen, der in Bochum spielt. Vor der Premiere am 13.4.2024 in der Stadthalle Castrop-Rauxel lud das Westfälisches Landestheater ihn zum Gespräch über seine Produktion ein, die an vielen Orten NRWs zu sehen sein wird.
WLT: Warum sollte man sich „Sommerfest“ in unserer Inszenierung anschauen, auch außerhalb des Ruhrgebiets?
Martin Schulze: Weil es eine gute Geschichte ist. Es spielt im Ruhrgebiet und man kann sagen, die Figuren sind Ruhrgebietstypen. Aber die Grundthemen „Wo bin ich Zuhause? Was ist meine Identität? Wovor laufe ich weg? Was möchte ich als Teil meiner Geschichte akzeptieren oder lieber vergessen? Was will ich hinter mir lassen oder worauf bewege ich mich nach Jahren wieder zu, gewollt oder ungewollt? Was nimmt Einfluss auf die Frage nach der eigenen Identität? Das ist so universell, dass die Geschichte, obschon sie in Bochum spielt, überall verstanden werden kann. Für die Zuschauer gibt es viele Wiedererkennungsmomente, die man so oder so ähnlich selbst schon erlebt hat.
Wie bringt man das Ruhrgebiet auf die Bühne? Was habt ihr bei der Ausstattung berücksichtigt?
MS: Es gibt Orte, die man durchaus auch in Bochum vorfinden kann oder wird, wenn man dorthin geht. Weil es in Bochum spielt, gibt es natürlich auch eine Bude auf der Bühne. Es gibt auch eine Szene, die in einem Bezirksliga-Stadion spielt. Das ist aber alles nicht Bochum-spezifisch. Wir versuchen, das Ruhrgebiet atmosphärisch darzustellen, aber es gibt keine klar erkennbaren Schauplätze. Die Mischung aus den Figuren, ihrer Sprache und der Gesamtoptik der Inszenierung ergeben gemeinsam den Standort Bochum.
Warum eignen sich die Werke von Frank Goosen so gut für die Bühne?
MS: Ich finde, dass die Figuren etwas sehr Haptisches, schnell Greifbares haben. Die Figuren sind sehr ausgewogen aus einer bestimmten Typisierung und einer enormen biografischen Tiefe. Das zusammenzubringen ist sehr verlockend für die Bühne. Denn auf der einen Seite hat man Situationen, in denen die Figuren so reagieren, wie man es von ihnen erwartet, aber andererseits offenbaren sie im Laufe der Geschichte eine Komplexität, die man möglicherweise nicht erwartet hat. Das macht einen großen Reiz der Erzählung aus.
Warum wolltest du „Sommerfest“ inszenieren? Gab es einen bestimmten Aspekt, der dich besonders angesprochen hat?
MS: Es gibt noch eine Sache, die ich tatsächlich an der Geschichte besonders reizvoll fand, und die auch Einzug in das Konzept und die Fassung gefunden hat: Es gibt eine Art Kollektivbewusstsein der Menschen, die da an Ort und Stelle wohnen beziehungsweise immer schon gelebt haben und es gibt den einen „Abtrünnigen“– Stefan, die Hauptfigur, der diesen Ort verlassen hat und eigentlich auch nicht vorhat wiederzukommen. Stefan muss zurückkommen, um sein Elternhaus zu verkaufen. Und er will das möglichst schnell, an nur einem Wochenende, erledigen. Aber er wird dann von der Gemeinschaft, sanft, charmant und auch manchmal massiv daran erinnert, dass er an diesem Ort noch eine Geschichte hat, die nicht beendet ist.
Und dieses Verhältnis zwischen den Figuren in der Heimat und der Hauptfigur hat – auf eine erstaunliche Art und Weise – etwas fast Antikisches – nämlich zwischen Chor und Protagonist. Und damit kann man ganz wunderbar spielen. Es gibt in unserer Fassung eben dieses ‚Kollektivbewusstsein‘, Figuren, die gemeinsam auftreten und versuchen, Stefan klarzumachen, dass er sich seiner Geschichte vielleicht doch noch mal zuwenden sollte, um bestimmte Lebensentscheidungen zu überprüfen. Das war für mich eine ganz aufregende Entdeckung, weil es dann zu einem sehr theatralen Zugriff auf die Erzählung geführt hat. Und dieser Zugang macht dann auch beim Zugucken total Spaß.
Premiere ist am 13. April 2024 um 20 Uhr in der Stadthalle Castrop-Rauxel und eine weitere Vorstellung ist am 17. Mai um 20 Uhr im WLT -Studio. Tickets sind ab sofort an der Theaterkasse des WLT erhältlich: Maximilian Bock, 02305 – 978020 oder tickets@westfaelisches-landestheater.de
Weitere Termine in NRW:
04.09.2024 20.00h Gummersbach Halle 32
17.09.2024 20.00h Lennestadt Theater
30.10.2024 20.00h Erkrath Stadthalle
19.02.2025 19.30h Radevormwald Bürgerhaus
04.03.2025 20.00h Sulingen Stadttheater im Gymnasium
14.03.2025 19.30h Marl Theater
29.04.2025 20.00h Kamp-Lintfort Stadthalle
14.05.2025 19.30h Hameln-Theater
23.05.2025 20.00h Rheinberg Stadthalle