Komödien-Klassiker im frischen Gewand

Am 30.11. wird der Komödien-Klassiker „Pension Schöller“ von Wilhelm Jacoby und Carl Laufs am WLT gezeigt. Die Originalfassung aus dem Jahr 1890 wird frisch und zeitgemäß interpretiert. Worauf sich das Publikum freuen kann, verraten Regisseur Kristoffer Keudel und Ausstatterin Imme Kachel im Interview.

Pension Schöller ist eine richtig gut gebaute Komödie, hast du beim Probenstart gesagt. Was genau meinst du damit und was macht das Stück so unterhaltsam?

Kristoffer Keudel: Also zum einen haben wir sehr schöne, schräge und dankbare Figuren, die Spaß machen. Wenn diese dann aufeinandertreffen, wird es interessant. Die Textvorlage bringt schon eine gute Portion Humor mit, lässt aber so viel Raum, dass wir noch eine Portion darauflegen können. Außerdem erlaubt die Vorlage ordentlich Tempo.
Die Geschichte beginnt in einem Café, in dem sich Menschen mehr oder weniger zufällig begegnen, die unterschiedliche Dinge wollen wie Geld, Liebe oder eben eine Nervenheilanstalt besichtigen. Dieser besondere Wunsch zieht eine Reihe von Verwechslungen und Missverständnissen nach sich. Das anzuschauen darf berühren und ist vor allem auch lustig._

Ihr möchtet den Stoff modern und zeitgemäß inszenieren. Wie wollt ihr den Spagat schaffen, dass die Fans der Originalfassung die Geschichte wiedererkennen und es trotzdem eine zeitgemäße Interpretation wird?

Keudel: Die Geschichte bleibt klar erhalten. Wir haben das Stück aber deutlich eingekürzt. Dadurch wird es kurzweiliger und flotter. Das tut dem Ganzen gut und die Figuren werden schlagfertiger. Unsere Besetzung ist auf mehreren Positionen jünger als oft üblich. Die Figur der Ida Klapproth haben wir bewusst eine Generation verjüngt.
Alle, die das Stück kennen, werden es eindeutig wiedererkennen, nur neu erleben. Unserer Produktion wird nicht angestaubt daherkommen, wie ein Lustspiel aus dem Jahr 1890 vielleicht vermuten ließe. Wir bringen frischen Wind in die Geschichte. Und das hat natürlich auch mit der Optik zu tun.

Imme Kachel: Ich habe versucht, eine Verbindung herzustellen zwischen Moderne und Anklängen aus vergangenen Zeiten. Konkret habe ich mich vom Berlin der 20er Jahre inspirieren lassen. Die Rolle der Frau hat sich seit der Entstehungszeit des Stückes sehr verändert. Kristoffer und mir war direkt zu Beginn der Produktion klar, dass wir diesen Aspekt entstauben müssen. Wir haben uns gefragt, was definiert denn heute ein Frauenkostüm oder ein Herrenkostüm? Wir wollten Klischees aufbrechen und die Kostüme so bunt machen, wie unsere Gesellschaft heute ist.

Daran schließt sich meine nächste Frage nahtlos an: Ihr wolltet die Figuren zeitgemäß zeichnen. Wie äußert sich das im Hinblick auf ihre Darstellung in der Produktion?

Keudel: Die Originalfassung transportiert, gelinde gesagt, nicht unbedingt das fortschrittlichste Frauenbild. Auch ein Teil des Humors war unzeitgemäß. Das habe ich aus Überzeugung gestrichen. Trotzdem ist es ein gutes Stück. Es hat nur schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Daher lag uns daran, selbstbewusste und zeitgemäße Rollenbilder zu entwickeln.

Wir wollen die Vielfalt von Individuen zeigen und dass genau diese Vielfalt interessant ist. Mit unseren starken Charakteren erzählen wir eine Geschichte, die die Individualität feiert. Toleranz ist ein weiteres wichtiges Stichwort. Am Ende ergibt es ein Bild, bei dem wir feststellen, dass ganz unterschiedliche Leute in ihrer Vielfalt geeint sein können.

„Pension Schöller“ ist auch ein Stück, was den vermeintlichen Gegensatz von Land und Stadt behandelt. Beides siedeln wir im Prinzip im gleichen Raum an, weil vielleicht der Unterschied gar nicht so groß ist. Es kommt darauf an, wer sich in diesem Raum bewegt und dann kann es, auf dem Lande so verrückt und schräg zugehen wie in der Großstadt.

Kristoffer, welcher Aspekt war dir bei der Inszenierung besonders wichtig?

Keudel: Es gibt diesen Satz von der Figur Josephine Zillertal. „Ich weiß alles“ – Ein Kernsatz des Stücks erinnert mich an ein Phänomen unserer Zeit. Ständig meinen Leute, schon alles zu wissen und verwechseln dabei Nachrichten und Meinungen. Da wird einfach seriös recherchierter Journalismus als Lügenpresse angezweifelt und gleichzeitig irgendwelcher Verschwörungsquatsch geglaubt, geliked und weiterverbreitet. Ich würde mit dieser Inszenierung sagen wollen: Vorsicht mit Urteilen und Verurteilungen, Leute! Verrückte sind so und so. Oder wer so was tut oder so aussieht oder irgendwie abweicht, muss ja verrückt sein. Das ganze Stück beruht auf diesem Irrglauben und macht genau deswegen Spaß. Das bleibt im Grunde harmlos, erinnert aber auch daran, wie fatal es ist, Menschen aufgrund ihres Äußeren oder ihrer Neigung abzustempeln und in eine Schublade zu packen.

Warum sollte man sich die Produktion nicht entgehen lassen?

Keudel: Das wird in erster Linie ein unterhaltsamer Abend werden, der Herz und Hirn anspricht und auch das Auge. Also für Fans von Komödien und alle, die gute Unterhaltung schätzen. Es wird kein Theaterabend, bei dem sich das Publikum die ganze Zeit die Schenkel klopft, aber es gibt jede Menge Stellen zum Schmunzeln und Lachen.
Wir haben ein tolles Ensemble und gemeinsam schöne Figuren entwickelt. Und es wird ein großer Spaß, wenn sie aufeinandertreffen. Und trotzdem wird eine Geschichte erzählt, bei der es um wichtige Dinge geht. Das macht für mich Komödie aus. Nicht, dass sich ein Lacher an den anderen reiht, sondern dass wir auf unterhaltsame Art Figuren sehen, denen es um etwas geht und die um etwas ringen. Dazu gehören Scheitern und viele Missverständnisse. Also ich würde sagen: Kommen und freuen!

Pension Schöller
Wilhelm Jacoby und Carl Laufs, Bearbeitung von Jürgen Wölffer
Komödie
Premiere am 30.11.2024
20.00 Uhr
Castrop-Rauxel Studio
Nur noch Restkarten für die Premiere
Weitere Termine:
03.01.2025 20.00h Castrop-Rauxel Stadthalle
19.01.2025 18.00h Castrop-Rauxel Studio

Kartenanfragen unter: Maximilian Bock, 02305–978020 oder tickets@westfaelisches-landestheater.de.

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