16.4.2024 – Regisseurin Dalila Niksic und Bühnenbildner Marc Mahn über die Besonderheit des zeitgenössischen Stücks für alle ab zehn Jahren:„Wildbestand oder Von einer, die auszog, eine Zukunft zu finden“.
WLT: Worum geht es in dem Stück?
Dalila Niksic: In dem Stück geht es um die Geschwister Hannes und Greta, die gemeinsam mit ihrer Mutter in einem Forsthaus im Wald leben. Die Mutter arbeitet als Försterin, hat aber keine Arbeit mehr und muss in die Stadt ziehen. Die Geschwister flüchten sich in ihr Baumhaus, wo sie auf ein fremdes Mädchen treffen. Sie nennen das namenlose Mädchen Dina. Sie erzählt unterschiedliche Geschichten: In einem Moment ist sie mit einer Nussschale über das Meer gekommen, im nächsten mit dem Zug, im dritten im Flugzeug als blinde Passagierin. Alle Figuren aus dem Stück haben mit der Schwierigkeit zu kämpfen, ihr Zuhause zu verlieren. Das Thema ist: Was bedeutet zu Hause, wie viel braucht es für ein Zuhause? Was bedeutet es, das Zuhause zu verlieren. Das zweite große Thema ist der Kampf um Selbstbestimmung versus den Zwang, den Fremdbestimmung auferlegt. Die Geschichte zeigt, dass der Verlust des Zuhauses nichts ist, wofür Menschen etwas können, sondern etwas was ihnen passiert.
Marc Mahn: Das Stück stellt die Frage, wie unterschiedlich Entwurzelung sein kann. Auf der einen Seite gibt es eine Fluchtgeschichte übers Meer und auf der anderen Seite eine Entwurzelung, die wir selbst kennen, wenn man als Kind umzieht, wegzieht oder die Eltern ihre Jobs verlieren.
Ein Großteil des Stücks spielt im Wald. Was hat der Wald in dem Stück für eine Bedeutung?
DN: Ich glaube, für jede der Figuren bedeutet der Wald grundsätzlich etwas sehr Positives, Natur und ein Rückzugsort. Für die Figuren wird der Wald ein Stück des Zuhauses. Gleichzeitig wird aber auch immer wieder klar: Der Wald kann auch etwas Unheimliches mit sich bringen.
Zu Hause sein heißt ja im Normalfall auch wohlfühlen. Entsprechend ist die Bühne in „Wildbestand“ kein Wohlfühlort, oder?
MM: Die Geschichte fängt da an, wo die Kinder merken: Hier ist irgendetwas nicht mehr in Ordnung. Diese heile Welt, dass sie in einem Forsthaus wohnen mit einer Mutter, die sich um alles kümmert. Das kann man sich vorstellen. Doch am Beginn der Geschichte ist das schon ins Wanken geraten. Darum steht auf der Bühne nur noch die Andeutung eines Raumes, der vielleicht mal gemütlich war, aber jetzt schon zerfällt. So romantisch es auch ist, ich möchte als Kind nicht nachts in einem Baumhaus sein.
DN: Ich glaube, jeder Mensch hat in jeder Situation grundsätzlich das Bedürfnis, sich wohlzufühlen. Also machen sich die Kinder das Baumhaus zu dem gemütlichsten Ort, der es gerade sein kann.
Warum sollte das Publikum diese Uraufführung auf jeden Fall erleben?
DN: Das Stück ist eine sehr schön geschriebene Geschichte, die keine Schubladen bedient. Es geht um Reis und Chips, um zwei Schuhe und Stelzen, um Tücher und Tagebücher und die Figuren, die dahinterstecken. Das Publikum sollte sich die Inszenierung anschauen, weil am Ende alles gut wird … . Oder?
Premiere „Wildbestand oder Von einer, die auszog, eine Zukunft zu finden“ für alle ab 10 Jahren ist am 21. April 2024 um 15 Uhr im WLT-Studio. Tickets für 11 Euro (ermäßigt 9 Euro) sind erhältlich an der Theaterkasse unter: 0 23 05-97 80 20 oder per E-Mail unter: tickets@westfaelisches-landestheater.de
Fotos: Volker Beushausen