Interview zu „Die Bremer Stadtmusikanten“ mit Regisseur Kristoffer Keudel
Das Westfälische Landestheater freut sich auf die zweite Premiere dieser Spielzeit. Diesmal ist das Kinder- und Jugendtheater an der Reihe, mit Die Bremer Stadtmusikanten in der Regie von Kristoffer Keudel dürfen sich alle ab 4 Jahren auf einen unterhaltsamen, lustigen und musikalischen Märchennachmittag freuen. Premiere feiert die Geschichte um das wohl bekannteste tierische Quartett, am Samstag, 24. Oktober um 15 Uhr in der Stadthalle Castrop-Rauxel. Das umfangreiche Hygienekonzept des WLT sorgt für einen sicheren Theaterbesuch für alle Zuschauer*innen. Auch Regisseur Kristoffer Keudel freut sich, dass es wieder möglich ist, Theater für Publikum zu öffnen: „Wir proben und spielen mit Visieren und Handschuhen. Natürlich schwingt das die ganze Zeit mit, aber ich versuche es eher als Herausforderung zu sehen, dem Infektionsgeschehen keinen Vorschub zu leisten. Ich bin sehr froh und dankbar, dass Theater wieder stattfinden kann.“
WLT: Du inszenierst einen absoluten Klassiker. Wieso sind Märchenstoffe auch heute noch aktuell und erfreuen sich großer Beliebtheit?
Kristoffer Keudel: Viele Märchen sind wirklich gute Geschichten. Ich glaube, dass es einen Grund gibt, warum Märchen entstanden sind und warum sie weitererzählt und erinnert werden: Sie behandeln elementare Dinge, die sich die Leute nicht zu erklären wissen oder die sie bewegen. Ich glaube, dass Ängste immer eine große Rolle spielen oder Dinge, die man nicht versteht und die man auf dem Weg eines Märchens verarbeiten kann.
WLT: Inwiefern?
Kristoffer Keudel: Es gibt ja etliche Märchen, die mit einer Moral daherkommen. Wo man sozusagen etwas lernen kann oder wie bei einem Gleichnis etwas besser verstehen kann.
WLT: Und was wäre die Moral, wenn man es so benennen mag, bei „Die Bremer Stadtmusikanten“?
Kristoffer Keudel: Das ist natürlich Interpretation, aber ich finde: Man kommt miteinander weiter als alleine. Wenn man sich gegenseitig hilft, kann man etwas schaffen. Es ist ein Märchen, in dem erzählt wird, dass man die Schwächen des anderen nicht nur akzeptieren, sondern ausgleichen kann. Dass es in Ordnung ist, wenn man so ist, wie man ist. Und dass es zum Beispiel nicht okay ist, wenn man Tiere schlecht behandelt.
WLT: Also ein tierfreundliches Stück?
Kristoffer Keudel: Für mich hat es ganz klar einen Tierwohlaspekt und es transportiert Wertschätzung für Alte, Schwächere, für Menschen mit Handicap, wie das ja auch bei den Tieren der Fall ist.
Die Tiere haben alle bestimmte Eigenschaften. Erzähl mal!
Kristoffer Keudel: Jeder hat eine Idee im Kopf, wenn er an einen Esel, eine Katze, einen Hahn oder an einen Hund denkt. In unserer Geschichte sind die Tiere nicht nur Stellvertreter ihrer Gattung, sondern funktionieren auch als Individuen. Sie bringen alle ein Gebrechen mit. Der Esel hat’s im Rücken, der Hund hört nicht mehr gut, die Katze sieht schlecht. Einzig der Hahn ist auf der Höhe seiner Zeit, soll aber gerade deswegen in den Suppentopf. Das ist sozusagen das Päckchen, das sie alle zu tragen haben. Dazu kommt, dass sie alle der Musik nicht abgeneigt sind und einen Plan verfolgen: Eine Band gründen und nach Bremen ziehen, um dort aufzutreten. Es ist also eine Geschichte über Träume und auch darüber, diese Träume zu leben. Einfach zu machen, egal, was andere sagen und egal, auf welche Hindernisse man dabei stößt.
WLT: Hast du ein Lieblingstier aus der Gruppe?
Kristoffer Keudel: Ich mag sie alle! Weil sie alle so schön unterschiedlich sind und in dieser Konstellation mehr sind als nur vier Tiere. Große Sympathien hege ich aber auch für die Räuber. Für mich sind sie ehrlich gesagt auch arme Schweine. Die Fassung von Philipp Löhle legt – und das finde ich sehr schön – ein gewisses Gewicht auf die Räuber. Er hat ihnen wirklich schöne Dialoge geschrieben. Im Märchen kommen sie etwas kurz, ihnen wird nur ihre Hütte weggenommen. Bei uns sind sie aber mehr als das.