Mensch trifft auf Vampir!

Am Sonntag, 12.06.2022 feiert die Inszenierung Der kleine Vampir im Rahmen des Freilichtwochenendes „Bühne raus…Theater im Freien“ um 14 Uhr im Parkbad Süd Premiere. „Wir hoffen auf ein schönes Familienerlebnis, denn „Bühne raus“ ist ein tolles Event“, sagt Regisseur Kirstoffer Keudel. Vor ein paar Tagen haben wir uns mit ihm und Ausstatterin Aylin Kaip zum Interview getroffen:

WLT: Die Vorlage für das Stück „Der kleine Vampir“ ist die Buchreihe von Angela Sommer-Bodenburg. Kanntet ihr die Geschichten vorher?
Kristoffer Keudel: Ich kannte die Geschichte, allerdings habe ich jetzt nicht alle Bücher der Reihe gelesen. Es gibt auch eine TV-Serie nach den Büchern, aber da habe ich nur noch einmal kurz reingeschaut. Und den relativ neuen Animationsfilm habe ich bewusst gar nicht gesehen, denn wir wollen ja die Geschichte auf der Bühne und auf unsere Art erzählen. Die Literaturvorlage stammt aus den 80er-Jahren. Der Zeitgeist dieses Jahrzehnts ist spürbar. Das zeigt sich in der Sprache, aber auch am Verhalten der Figuren. Wir sind damit behutsam umgangen, haben das Ganze aber sozusagen entstaubt. Entstanden ist eine Geschichte, die in einem künstlichen Heute spielt, mit Referenzen an die 80er-Jahre.
Aylin Kaip: Um ehrlich zu sein, kannte ich vorher nur den Titel und nicht die Geschichte an sich. Aber in Gesprächen merkt man schnell, wie bekannt sie bei den Leuten ist. Daher haben wir versucht, den angesprochenen Zeitgeist in den Kostümen beizubehalten, räumlich aber eine Fantasiewelt anzunehmen, ähnlich der Serie „Stranger Things“, in der sich die Protagonisten ebenfalls in den 80er-Jahren außergewöhnlichen und fantastischen Phänomenen stellen müssen.

Plakatmotiv Der kleine Vampir_Web
 

WLT: Was ist für euch das Besondere an der Geschichte?
Kristoffer Keudel: Mensch trifft Vampir! Wir erleben den Beginn dieser ungewöhnlichen Freundschaft zwischen Vampirfan Anton Bohnsack und dem Vampir Rüdiger von Schlotterstein. Aber bei uns ist der Kleine Vampir gar nicht mehr so klein. Besonders an unserer Fassung ist: Erwachsene Schauspieler spielen eben keine Kinder, sondern Jugendliche. Das ist die Voraussetzung dafür, dass es eine Art Coming-of-age Geschichte geworden ist. Da geht es um Selbstfindung, Identität und Emanzipation. Die Vampire sind genauso individuell in ihrem Charakter wie Menschen. Sie beißen bei uns zwar nicht, haben aber dennoch eine, sagen wir, vereinnahmende Art. Es werden Grenzen überschritten und es wird Neues ausprobiert. Das macht Freude zu sehen. Letztlich ist die Geschichte auch ein Plädoyer für Toleranz und gegen Gewalt.

WLT: Inwiefern?
Kristoffer Keudel: Natürlich bekommt auch unser junges Publikum was mit von den aktuellen Geschehnissen, Stichwort Krieg oder Pandemie. Unser Stück ist einerseits eine knappe Stunde Auszeit, in der es sich nicht direkt mit diesen Themen auseinandersetzen muss. Dennoch gibt es neben der Unterhaltung Bezüge. Beides ist mir wichtig. Nehmen wir die Figur des Geiermeiers, die sich stark über die Abgrenzung zu anderen definiert. Ein trauriges und gefährliches Verhalten, das uns immer wieder begegnet. Am Ende wird er nicht nur entschärft, sondern auch aufgefangen. Oder zum Beispiel erleben wir, wie Anton sich plötzlich selber nicht sicher ist, ob Rüdiger „ein“ oder „sein“ Freund ist. Und dann ist da ja auch noch Rüdigers Schwester Anna…! Diese Bekanntschaften sind für alle Beteiligten total aufregend und neu. Mit unserer Geschichte zeigen zu können, dass es voll okay ist, sich in einen Jungen oder ein Mädchen oder in beide zu verlieben, finde ich großartig! Oder Helga, Antons Mutter, die noch cooler ist, als selbst ihr eigener Sohn dachte. Auch Lumpi und Udo sind zwei neckische Kumpanen, die sich da entfalten und entwickeln. Ich darf sagen: alles individuelle und liebenswerte, leicht schräge Figuren, für die wir uns eine leicht schräge Bühnen-Welt ausgedacht haben. Unsere Dramaturgin Sabrina Klose hat es mit »Arsen und Spitzenhäubchen« verglichen. Ich finde, da ist was dran, nur eben für Kinder und ohne Holunderwein.

 

WLT: Das ist die perfekte Überleitung zum Bühnenbild.
Aylin Kaip: Für mich ist es immer wichtig, dass sich Kinder in einer magischen und poeti-schen Welt verlieren können, die ihre Fantasie anregt. Mir kam beim „kleinen Vampir“ relativ schnell der Gedanke, die Geschichte in einem großen Vampirgebiss spielen zu lassen, also eine Traumwelt von Anton zu zeigen, in der sich aber Helga, die Mutter, völlig normal bewegt. Dass wir dabei auf relativ engem Raum viele Verwandlungen bzw. neue Orte herstellen müs-sen, wie Antons Zimmer, die Bohnsacksche Küche sowie Friedhof und Gruft, soll auf der Bühne für die Kinder aber nicht als holpriges Problem zu sehen sein. Vielmehr soll sich das Bühnenbild mit wenigen Handgriffen auf spielerische und fantasievolle Weise verändern können. So wird aus einem gedrehten Küchenstuhl ein Grabstein, aus dem Kühlschrank ein Sarg und aus einem Vorhang ein Wald.
Kristoffer Keudel: Verwandlung ist bei uns Programm. In der Geschichte spielt das eine große Rolle und es spiegelt sich auch im Bühnen- und Kostümbild wider. Und wir hoffen, dass das Spaß machen wird.

Karten für die Premiere sind an der Theaterkasse des Westfälischen Landestheaters unter 02305 978020 oder tickets@westfaelisches-landestheater.de erhältlich.