Neues Ensemblemitglied am WLT

Im Frühjahr war Simone Schuster zum ersten Mal am WLT zu sehen: in der Komödie “Lügen haben junge Beine” und der 20er Jahre-Revue “Als gäb’s kein Morgen”. Kurz darauf folgte das Angebot für ein Engagement im Abendtheaterensemble. Simone Schuster zögerte nicht lange und gehört seit dieser Spielzeit fest zum Team. Aktuell organisiert die 25-Jährige ihren Umzug von Berlin nach Castrop-Rauxel, ab Mitte Dezember geht’s dann richtig los mit den Proben zu “Vögel” (Premiere: 5. Februar 2022).

WLT: Erzähl etwas über dich! Wer bist du? Warum bist du Schauspielerin geworden?
Simone: Ich bin Simone, 25 Jahre alt und bin in Bayern aufgewachsen, auf dem Dorf. Mir war früh klar, dass ich in die schauspielerische Richtung gehen möchte. Bereits im Kindergartenalter habe ich es stolz herumerzählt, aber meine Mutter hat es am Anfang gar nicht so ernst genommen. Mit 14 Jahren habe ich die Musikschule in Rosenheim besucht und Musical für mich entdeckt. Als ich erfahren habe, dass es dafür einen Studiengang gibt, war mir klar: Das möchte ich machen. Ich möchte Gesang, Tanz und Schauspiel studieren! Also habe ich angefangen zu tanzen und Gesangsunterricht zu nehmen und habe schließlich Musical und Musikpädagogik am Institut für Musik in Osnabrück studiert. Dort habe ich aber gemerkt, dass ich gar nicht vollends in den Musicalbereich eintauchen möchte.

WLT: Sondern?
Simone: Ich habe mich selbst nicht so richtig als Darstellerin im Musical gesehen, stattdessen wollte ich lieber die Schauspielsparte vertiefen. Allerdings möchte ich mich aktuell gar nicht auf eine theatrale Kunstform beschränken und versuche verschiedene Möglichkeiten auszutesten. Im zweiten Studienjahr hatte ich einen Chanson-Kurs und habe ich mich total verliebt. Seitdem baue ich mein Repertoire diesbezüglich stetig aus. Es ist mein Wunsch, ein eigenes Programm auf die Beine zu stellen oder gemeinsame Projekte mit anderen Künstlern bzw. Musikern zu finden. In die Schauspielerei bin ich mehr oder weniger reingerutscht. Sprechtheater ist noch neu für mich, daher sehe ich die Zeit am WLT auch ein wenig als Schule an. Als halbe Quereinsteigerin habe ich noch einiges zu lernen.

WLT: Du warst bei uns zuerst in der Komödie „Lügen haben junge Beine“ von Ray Cooney zu sehen.
Simone: Genau, ich habe damals für die Rolle der Vicky Smith vorgesprochen und habe mich sehr gefreut, als ich sie bekommen habe. Während der Probenzeit gab es ein Vorsingen, nach welchem mir das Festengagement angeboten wurde.

WLT: In der musikalischen Produktion „Als gäb’s kein Morgen – Die wilden 20er Jahre“, die bei Bühne raus 2021 Premiere hatte, warst du dann auch dabei.
Simone: Ja, genau. Das passte sehr gut – Stichwort ‚Chanson‘.

WLT: Bist du denn schon im Ruhrgebiet angekommen?
Simone: Ich bin Anfang des Jahres nach Berlin gezogen und jetzt geht es auf einmal nach Castrop-Rauxel. (lacht) Das war eine Umstellung, aber ich freue mich darauf. Auch auf die Kolleg:innen. Ich fühle mich hier sehr wohl.

WLT: Du hast dich also schon gut eingelebt?
Simone: Ich ziehe tatsächlich erst Ende des Jahres hierher, weil dann die Proben zu meinem ersten Stück in dieser Spielzeit beginnen. Dann werde ich aber auf jeden Fall vor Ort wohnen, um in der Nähe des Theaters zu sein. Für mich geht es das erste Mal langfristig ins Ruhrgebiet, darauf bin ich sehr gespannt. Auch auf diese Dichte durch die vielen unterschiedlichen Städte. Ich mag es gerne an verschiedenen Orten zu leben. Mal gucken, was das Ruhrgebiet zu bieten hat.

WLT: Worauf freust du dich am WLT?
Simone: Ich freue mich wirklich unheimlich auf die erste Produktion, weil ich von dem Stück und dem Regisseur („Vögel“ von Wajdi Mouawad, Regie: Gert Becker) bisher nur Gutes gehört habe. Für mich ist es die erste Inszenierung, bei der ich den Regisseur vorher nicht kenne. Das wird sicher ein interessanter Prozess, dem ich sehr entgegenfiebere. Genau wie den Kolleg:innen, weil ich sie in den ersten beiden Produktionen so liebgewonnen habe. Ich kann es kaum erwarten neue Erfahrungen zu sammeln. Was ich am WLT schätze ist, dass alle so herzlich und offen sind. Ich scheue mich nicht Fragen zu stellen und bekomme Raum um zu wachsen.

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WLT: Was hast du im Lockdown als Künstlerin am meisten vermisst?
Simone: Ich hatte mein Studium ja im Lockdown beendet und wurde erstmal mit potentieller Arbeitslosigkeit empfangen, das hat mir direkt einen Dämpfer verpasst. Ich hatte ein kleines Chanson-Repertoire, durfte aber nicht auftreten. Dieses Gefühl auf einer kleinen Bühne zu stehen, in einem intimen Rahmen beziehungsweise Raum mit vielen Leuten eingepfercht. Das hat ja eine ganz eigene Stimmung. Das fehlt mir sehr. Momentan arbeite ich in Berlin in einem Jazz-Club mit einer ähnlichen Atmosphäre. Dort habe ich eine Künstlerin gesehen, die mich sehr an meine Arbeit vor dem Lockdown erinnert hat. Da ist mein Herz auf der einen Seite total aufgegangen, aber gleichzeitig habe ich ein Tränchen verdrückt, weil ich es auch gerne wieder angehen würde. Da freue ich mich drauf. Wieder Stücke umzusetzen, Ideen zu entwickeln und mit meinem Programm aufzutreten. Und natürlich darauf hier Theater zu spielen.

WLT: Als Künstler*in lebt man ja auch von der Reaktion des Publikums.
Simone: Absolut. Ich bin nicht gut darin online etwas aufzunehmen, mir alles selbst aus der Nase zu ziehen und zu veröffentlichen. Ich brauche den Austausch, sowohl mit anderen Künstlern als auch mit dem Publikum. Meine Darbietung lebt – gerade im Chanson – davon, dass ich das Publikum wahrnehme, es bewusst in meine Arbeit einfließen lasse und darauf reagiere. Das fehlt mir wahnsinnig.

WLT: Ist Chanson denn privat auch deine Lieblingsmusik?
Simone: Ich würde nicht sagen, dass es meine Lieblingsmusik zum Hören ist, vorwiegend zum Darstellen. Weil es so viele Möglichkeiten gibt und ich mich nicht eingeschränkt fühle. Das gibt mir viel. Ich höre privat verschiedenste Musikstile wie Jazz, Klassik, Musical, Schlager, R&B, Rock, Pop, Alternative und Indie. Klassiker tun es mir mit am meisten an.

WLT: Spielst du auch ein Instrument?
Simone: Ja, ich spiele sehr schlecht Klavier. (lacht) Und ich habe eine Ukulele geschenkt bekommen, die ich so langsam mal mehr spielen möchte. Für mich ist das Hauptinstrument tatsächlich der Gesang.

WLT: Gibt es irgendein Stück, ein Buch oder einen Film oder eine Rolle, die du gerne mal spielen wollen würdest?
Simone: Ich spiele gerne Rollen, die einen leichten Schlag weg haben. (lacht) Ich mag zum Beispiel die Lotte aus „Groß und Klein“ von Botho Strauß sehr. Außerdem gefallen mir reife Rollen, die gleichzeitig jung geblieben sind. Was ich sehr gerne mal auf der Bühne sehen würde ist „Fleabag“. In der Serie durchbricht die Hauptfigur immer wieder die 4. Wand und spielt mit den verschiedenen Ebenen. Es handelt sich um eine Adaption des gleichnamigen Theaterstücks. Das würde ich unheimlich gerne mal spielen. Generell mag ich tragikomische Figuren. Figuren, die eine Schwere haben, gleichzeitig aber auch eine gewisse Leichtigkeit, was die Fallhöhe manchmal sogar noch verstärken kann.

Mehr zur Produktion “Vögel”, dem meistgespielten Stück auf deutschen Bühnen, finden Sie hier.

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